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Outsider Art der Niederlande

Eröffnung: Sonntag 27. Juni 2010, 15 Uhr Begrüßung: Lisa Inckmann, Leiterin des Kunsthauses Rede: Arno Kramer, Künstler und Kurator Drawing Centre Diepenheim, Dozent (1986-2006) AKI/Enschede Musik:Hans van Dorp, Rob Vlaar, Carelain Bergtop, Amsterdam Dauer: 27. Juni bis 24. Oktober 2010

Künstler: Han Ploos van Amstel; Herman Bossert; Robert Dam; Livia Dencher; Minke de Fonkert; Willem van Genk; Riet van Halder; Laan Irodjojo; Rita Klaasen; Jaco Kranendonk; Joost de Lange; Roos van Lierop; Ognjen Jeremic; Evert Panis; Aldo Piromalli; Jeroen Pomp; Ingrid Proost; Micha Stanojevic; Jannemiek Tukker; Nicolette Vial; Pieter Nelissen; Klaas Molenaar; René van Asch; Nelleke Vogels; Paul Vredevoog; Sieberen de Vries; Sander Vos; Roy Wenzel; Bardo Zantvoord

Zu Lebzeiten kaum anerkannt und Außenseiter der Gesellschaft, gehört der Niederländer Vincent Van Gogh heute zu den wohl bekanntesten Künstlern der Welt. Auch noch 120 Jahre nach seinem Tod zieht es Kunstliebhaber aus aller Welt nach Otterlo ins Kröller-Möller Museum, um sich dort vom grenzüberschreitenden Schaffen des Meisters zu überzeugen. Die Anerkennung der von Naiven, kognitiv beeinträchtigten und psychiatrischen Patienten geschaffenen Werke und deren Ausstellung in etablierten Museen, ermöglichten in den letzten zehn Jahren eine starke Entwicklung der niederländischen Außenseiter Kunst, sowie die Eröffnung zahlreicher Kunstwerkstätten. Seit 1995 arbeitet das Kunsthaus Kannen in Münster mit niederländischen Museen, Galerien und Künstlern zusammen. Die Ausstellung "Outsider Art der Niederlande" soll einen aktuellen Blick über das Werk renommierter niederländischer Outsider Künstler geben.

"Fülle – das ist, Schönheit, Scharfsinn und Expressivität, aber ebenso Übermut, Widerspruch und Wahnsinn", so umschrieb der Komponist Elmer Schönberger einst das Erleben der musikalischen Klangfülle im Rahmen eines Vortrags. Diese Aussage könnte sich jedoch ebenso gut auf das künstlerische Schaffen der niederländischen Outsider Künstler beziehen. Unter ihnen Willem van Genk, der mit seinem außergewöhnlichen Werk zu den wichtigsten und international anerkannten Outsider Künstlern zählt. Seine außerordentliche, fast manische Präzision ist ein auffälliges und zugleich beeindruckendes Merkmal seines vieldeutigen Schaffens. Explosive Kraft und Macht in all ihren Formen sind wesentliche Aspekte seiner Arbeit. Öffentliche Transporte, Reisen und Architektur stellen für ihn bedeutende Inspirationsquellen dar. Outsider Künstler Paul Vredevoog hingegen inspiriert das Bauernleben, das er seit seinem Umzug in die Niederlande in den fünfziger Jahren in vollen Zügen genießt. Anfangs amateurhafte Landschaften darstellend, in denen er selbst die Figur des Bauern einnimmt, füllt in den frühen Jahren des 21. Jahrhunderts eine Kakophonie von Texten den Horizont der Polderlandschaft seiner Werke. Die Arbeiten von Robert Dam unterscheiden sich davon in ihrer feinen graphischen Ausarbeitung. Dams Ziel ist es, so originalgetreu wie möglich zu zeichnen, seine Anregung findet er in den Werken großer Meister wie Rembrandt, Van Gogh und Vermeer. Das Motiv der Fantasiefigur Gollum aus Lord of The Rings kehrt immer wieder, der Künstler selbst möchte sich in die Figur hinein versetzen und mit ihr durch seine Bilder reisen. Im Oeuvre Ognjen Jeremics spielt das Phänomen Mensch nur selten eine Rolle. In seinen Bildern wimmelt es hingegen von tierischem Leben. Die Gestalt des Menschen setzt er in seinen Werken höchstens als rudimentäres, ursprüngliches Zeichen ein oder deutet sie piktografisch an. Der Mensch und seine Kultur faszinieren Jeremic auf eine ambivalente Art und Weise, sein Werk verkörpert eine Abweisung davon, vielleicht sogar eine Flucht davor. Auch Rita Klaasen lässt sich künstlerisch von der Natur inspirieren. Häufig modelliert und dekoriert sie Tiere, vor allem Affen. Zunächst fertigt sie Zeichnungen und Bilder an, dann beginnt sie erst mit der Anfertigung ihrer Keramiken. Rita Klaasen stammt aus einer Künstlerfamilie und ist seit 20 Jahren künstlerisch tätig. Über ihre Kunst sagt sie es sei schön Kunst zu machen und sie auszustellen. Nicht nur Tiere, sondern auch Früchte, Blumen und Pflanzen, Stadtansichten, Straßen mit Autos und Schienen mit Zügen gehören zu der Vielfalt an Motiven, die sich in Jeroen Pomps Buntstiftzeichnungen wieder finden lassen. Jeroen scheint unter dem Bann des "horror vacui", der Angst vor der Leere, zu stehen. In seinen Werken ist nirgends das Weiß des Papiers sichtbar. Dieser Drang das ganze Blatt ausfüllen zu müssen, ist durch seinen Autismus bedingt. Bei der Künstlerin Jannemiek Tukker hingegen ist das Geflecht zahlloser Linien eine Art Meditation, in der sie in einen Zustand der Reflexion und Entspannung gelangt. Das Zeichnen ist für sie eine Möglichkeit mit dem Leben und dem Schmerz umzugehen. Das Werk Laan Irodjojos ist dagegen stark vom Savant Syndrom geprägt.  Menschen mit diesem Syndrom haben besondere Talente, die sehr stark entwickelt werden können, oft in Kombination mit Autismus. Laan hat ein fotografisches Gedächtnis und ein besonders scharfes Wahrnehmungsvermögen in Kombination mit Zeichentalent. Seine favorisierten Bild-Themen sind Transportmittel und Architektur, die er sehr schnell und treffsicher ohne Lineal zeichnet. Das Gefühl für Proportionen und Perspektive ist ihm von Natur aus gegeben.

Kooperation: Kulturamt der Stadt Münster Galerie Hamer und Galerie Outsider Art aus Amsterdam; Galerie Herenplaats Rotterdam;  De blauwe Roek Drachten; Kijkoor, Hilversum; Museum Charlotte Zander, Schloss Bönnigheim, private Leihgeber

Galerie Hamer, Amsterdam 1969 gründete Nico van der Endt, heutiger Leiter,  die Amsterdamer Galerie Hamer. Anfänglich spezialisiert auf Naive Kunst, führte 1975 die Begegnung mit Willem van Genk, Art Brut-Weltstar, zur Ausweitung des Programms auf Außenseiterkunst/Art Brut. Neben der Zusammenarbeit mit spezialisierten Museen, ist die Galerie Hamer mit ihrer 40-jährigen Erfahrung seit 1994 Mitglied der internationalen Jury für die Triénale Insita in Bratislava, Slovak National Gallery. Sie gilt als einzige unabhängige, kommerzielle Galerie für Außenseiterkunst der Niederlande, wo ästhetische Qualität einziges Kriterium ist.

Galerie Outsider Art, Amsterdam Im Herzen Amsterdams befindet sich die Galerie Outsider Art mit Artothek, Laden und Räumezentrum. In der Galerie wird die crème de la crème der Outsider Kunst ausgestellt; Gemälde, Zeichnungen und Keramik. Dies geschieht in Kooperation mit anderen auf diese Kunstform spezialisierten Galerien, im In- und Ausland. Des Weiteren organisiert die Galerie vierjährlich wechselnde Ausstellungen mit einem oder mehreren maßgebenden Künstlern.

De blauwe Roek, Drachten De blauwe Roek, Galerie und Atelier zugleich, befindet sich im Zentrum Drachtens. Das Atelier wurde nach einem Werk von Sieberen de Vries benannt, der dort selbst künstlerisch tätig ist. Insgesamt arbeiten dort 16 Personen mit Beeinträchtigung, die in ihrer Arbeit von den Künstlern Hanneke Winius und Martin Brandsma begleitet werden. Durch Förderung der Werke versucht die Galerie De blauwe Roek den Künstlern einen festen Platz in der Gesellschaft zu schaffen.

Kijkoor, Hilversum Die Galerie Kijkoor stellt regelmäßig die im Kunstzentrum Laapersveld in Hilversum geschaffenen Werke aus. Für die Klienten der diversen Ateliers ist es von großer Wichtigkeit ihr Werk vor breitem Publikum auszustellen. Darüber hinaus finden auch Ausstellungen außer Haus statt. Neben Verkauf vor Ort bietet Kijkoor auch einen Verleih von einzelnen oder mehreren Werken über die Artothek.

Galerie Atelier Herenplaats, Rotterdam 1991 gegründet, organisiert die Galerie Herenplaats in Rotterdam auf den "alternativen Bereich" ausgerichtete Ausstellungen, bei denen "offizielle Kunst" und "Outsider Art" aufeinander treffen und zusammen gezeigt werden. Neben dem Kunstverleih bietet die Galerie farbenfreudige Räume für spezielle Anlässe wie Vorträge, Workshops, Empfänge und Präsentationen. Das Atelier Herenplaats bietet beeinträchtigten Menschen die Möglichkeit einer Ausbildung bis zum Beruf des bildenden Künstlers.

Museum Charlotte Zander, Schloss Bönningheim Die ersten Werke der Sammlung Charlotte Zander wurden Anfang der 1950er Jahre angekauft. Während des Umbaus des Elternhauses Zanders im Jahre 1956 ging ein Großteil der Sammlung verloren. Die erhaltenen Werke sind im Museum Charlotte Zander in Bönningheim zu sehen. Insgesamt umfasst die Sammlung heute ca. 4000 Arbeiten von 440 internationalen Künstlern. Neben der Art Brut reicht das Spektrum von Devotionalien, Votivgaben und Portraits bis hin zu Genrebildern des 19. Jahrhunderts. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt allerdings auf der Naive des 20. Jahrhunderts. Einen Einblick in diese Vielfalt erlauben die drei Mal jährlich stattfindenden Sonder-Ausstellungen des Museums im Schloss Bönningheim