DeutschDeutschEnglishEnglish

Die Geschichte von Kunsthaus Kannen

Die Alexianer-Brüder erwarben das Gut Kannen im Jahr 1887. Doch vor dem Entstehen einer Heil- und Pflegeanstalt hatte das Haus bereits eine bewegte Geschichte hinter sich.

Die Entstehung von Haus Kannen liegt im Dunkeln. Über die ersten Besitzer wissen wir bisher nichts. Vermutlich wird es gegen Ende des 12. Jahrhunderts entstanden sein; in dieser Zeit kam es in ganz Europa zu einer deutlichen Ausweitung der agrarischen Nutzflächen, z.T. bedingt durch starkes Anwachsen der Bevölkerung und eine verbesserte Landwirtschafts-technik (Räderpflug, Kummet). In einer Bischofsurkunde wird um 1200 erstmals das Gute „Cane“ erwähnt; dabei handelt es sich vermutlich um einen Lehenshof des Bischofs von Münster. Das Gut stand in enger Beziehung zur ländlichen Sieldung Venne. So gehörten die Flächen südlich von „Haus Cane“ zum Seelsorgbezirk der Kapelle in der Venne.

Die Abteilung des Namens „Kannen“ ist ungesichert. Eine Theorie nimmt an, dass die Bezeichnung von dem Vornamen eines ehemaligen Besitzers, Kannen von Schwarte, herrührt. Haus Kannen selbst ist als Namensgeber aufgetreten: eine Adelsfamilie „von Kannen“, die heute z.T. in Mönchengladbach lebt, leitet ihren Namen von dem ehemaligen Rittergut ab.

Nachdem der Lehenshof Kannen von Stadtadeligen aus Münster genutzt wurde, gelangte er durch Heirat eines Hillebrand von Schwarte mit einer Maria von Münstermann in andere Hände. Die eben erwähnte Familie von Schwarte oder Schwartze war lange Zeit Besitzerin des Gutes. Die Familie von Scharte gehörte zu den ältesten Stadtadelgeschlechtern von Dortmund. Dieses Adelsgeschlecht ließ auch 1650 die jetzige Kirche in der Venne erbauen und nutzte sie als Grablege für die Familie. Mehrere Wappen in der Kirche bezeugen noch die alte Verbindung zwischen den Besitzern von Haus Kannen und der Gemeinden St. Johannes in der Venne. Auch bezüglich der Erweiterung der Acker- und Weideflächen waren die von Schwartes sehr rege: Moor und Heide wurden durch Kolonisten urbar gemacht. Mehrere Kötterhöfe gehörten zum Gut.

Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein Fräulein von Schwarte in das Ägidi-Kloster in Münster eintrat, kam das Haus Kannen in dessen Besitz. Anscheinend veräußerte das Kloster das Gut sehr bald, so dass es von Johann Bernhard Gerving und seiner Frau Anna Christine Sethe erworben werden konnte (siehe Sandsteintafel am Haupteingang). Dies Münstersche Ehepaar ließ das Hauptgebäude neu errichten.

Mit Sicherheit lässt sich nachweisen, dass das Gut gegen Anfang des 19. Jahrhunderts an den Prokurator Menz in Münster übergegangen ist, der es als Sommersitz benutzt. Nach dem Tode des Mannes zogen Frau und Tochter ganz auf das Gut und die Tochter heiratete den aus Lüdinghausen stammenden Wilhelm Hülswith. Dieser wurde jetzt Besitzer des Gutes und betrieb auf ihm eine Pottasche- und Sodafabrik, die aber wegen der schweren Kriegszeiten zurückging. Auch beklagte sich der Fabrikant über die schlechten Leute, die u.a. mit einem vierspännigen Seifenwagen spurlos verschwanden. Zudem brannten infolge eines Blitzschlages das Wohnhaus und die Stallungen mit reichem Viehbestand und dem gesamten Inventar ab. Die kranke Frau wurde von den Nachbarn gerettet, während der Mann, geistesgestört durch die mannigfachen Schicksalsschläge, mit einer leeren Tischschublade angetroffen wurde.

Die Gebäude wurden wiederaufgebaut. Im Jahre 1820 erwarb er ein Herr von Klagenach das Besitztum, das er 12 Jahre bewohnte. Er war verheiratet mit einer Marquise von Maillard, einer Belgierin, die sich aber später wegen seines nicht einwandfreien Lebenswandels von ihm trennte. Sie kehrte mit ihren beiden Töchtern, von denen die eine ins Kloster ging, die andere einem französischen Offizier heiratete, nach Belgien zurück. Von Klagenach aber selbst geriet in Streitigkeiten mit dem Nachbar Kannenbäumer, dessen Name vermutlich dadurch entstanden ist, dass er außer seiner Wirtschaft noch die Bedienung des Schlagbaumes zwecks Entrichtung der Wegegelder hatte. Er verletzte Kannenbäumer nicht unerheblich durch einen Gewehrschuss, flüchtete darauf 1832 nach Hamm und verkaufte das Gut an einen Wirt Oberrecht. Dieser scheint es jedoch nicht in Besitz genommen zu haben, denn nachdem es von 1832 bis 1841 einem Husarenleutnant Sluytermann gehört hatte, wurde ein Herr Inngeblodt Besitzer.

Inngeblodt war Hauslehrer bei dem Gutsbesitzer Schulze-Albachten in Albachten gewesen. Nach dem Tode des Schulzen heiratete er dessen Witwe, verkaufte das gut Albachten, als er dort Brandunglück hatte, an Korf-Schmiesing und zog nach Haus Kannen. Aber auch hier war er nicht vom Glück begünstigt; da er kein tüchtiger Landwirt gewesen sein wird und die Bodenerträge zurückblieben, wollte er sich durch Brandstiftung in den besitz des Feuerversicherungs-Entschädigung setzen. Am Jakobitage 1845 gewann er zu dieser Tat einen benachbarten Kötter, der, nachdem er den Brand angelegt hatte den herbeieilenden Nachbarn zurief: „Ich habe das meinige getan“ und sich gleich verriet. Inngeblodt selbst hatte an diesem Tage, gegen seine Gewohnheit, das ganze Vieh auf die Weide getrieben und war vor Abend zu einer Feier zum Dorfe Amelsbüren gegangen. Auch fiel er durch sein unruhiges Wesen auf als auch durch die häufige Bemerkung, er wolle mal nachsehen, ob der Mond noch nicht aufgegangen sein; in Wirklichkeit wolle er sich überzeugen, ob das Haus Kannen noch nicht in Flammen stände. Bald darauf verkaufte er das Gut, ging nach Amerika, wo er sich u.a. auch als Geistlicher ausgab und schließlich vom Volke gelyncht worden sein soll.

Der nachfolgende Besitzer von Renesse, der ebenfalls nicht rationell wirtschaften konnte, verkaufte Kannen im Jahre 1858 für 15.000 Taler an einen Herrn Kuhlmann, der es aber bereits 10 Jahre später mit den darauf lastenden Schulden von 1.900 Talern dem Kaufmann Erhard Schütte in Münster überließ. Schütte verpachtete es im Folgenden an die Jesuiten, die es als Erholungsheim für die Scholastiker ihres auf der Friedrichsburg in Münster liegenden Klosters benutzten, gleichzeitig aber auch die Landwirtschaft erfolgreich betrieben. Die Jesuiten richteten das Gut ihren zwecken entsprechend ein, bauten einen Flügel mit der Kapelle zu Ehren des heiligen Josef und erweiterten die Ökonomiegebäude.

Selbst während des unseligen Kulturkampfes, als die Jesuiten ausgewiesen waren, blieben diese noch Pächter, allerdings mit der Einschränkung, dass nur ein Pater und einige Brüder auf dem Gute verblieben.

Von Familie Schütte kauften die Alexianer-Brüder am 27.06.1887 das Anwesen in 40 ha Ackerland und ca. 4 ha Fichtenwald für 60.000 Mark. Für das Inventar mussten noch zusätzlich 18.000 Mark gezahlt werden. Damit konnte die Geschichte vom Gut Kannen als soziale Einrichtung beginnen.

<-Zurück