Die Prillwitzer Idole
Echte Beschützer und falsche Heilige
nach einer Idee von Daniel Spoerri
Ausstellungsdauer: 06.09.2008 – 19.10.2008 Eröffnung: 06.09.2008, 17 Uhr Lange Nacht der Museen: 16 bis 24 Uhr
Begrüßung: Lisa Inckmann, Leiterin des Kunsthaus Kannen
Eröffnungsrede: Barbara Räderscheidt, Assistentin von Daniel Spoerri
Jutta Pöstges, Leiterin der Kreativen Werkstatt ALLERHAND, Köln
Die Ausstellung präsentiert sieben Bronzeskulpturen, Collagen Spoerris und die kreativen Ergebnisse der geistig behinderten KünstlerInnen der Werkstatt ALLERHAND aus Köln, mit dem Thema „Prillwitzer Idole".
„Mein Heiliger Gott der Beschützer, soll mich von dem Ärger und streit zu bewahren, weil ich am liebsten es für mich friedlicher haben mochte, und wenn es mal eine Situation gibt wo ich mir Nicht mehr Helfen kann und wo ich mit nicht weiß was ich tun soll dann brauche ich jemanden der mir helfen kann. Der genau weiß was da zu tuen ist. So ein Beschützer wäre Sehr gut für Tanja Geiß."
Künstler: Daniel Spoerri und Künstler der
Kreativen Werkstatt ALLERHAND:
Nicole Baginski, Cora Gasper,
Tanja Geiß, Sarah Haas,
Markus Kroppmann, Susanne Kümpel,
Ilse Olschewski, Kerstin Recker,
Irene Stamp, Stefanie Teichmann,
Sabine Wirtz
Daniel Spoerri, vielen bekannt durch seine Objektassemblagen, entdeckte in den 70er Jahren in einem Kölner Antiquariat ein Buch aus dem Jahre 1771 mit dem Titel „Gottesdienstliche Alterthümer der Obotriten“, die späteren „Prillwitzer Idole“. Er sah graphische Darstellungen von seltsamen Figuren mit Löwenköpfen und Enten auf dem Kopf. Spoerri erinnerten sie an surrealistische Collagen, zusammengestellt aus Versatzstücken, die eigentlich nicht zusammengehören. Die tatsächliche Bedeutung dieser Kupferstiche und deren Geschichte blieben für Spoerri über 30 Jahre im Unklaren.
„Die bewegte Biografie Daniel Spoerris (vom Tänzer zum Regieassistenten zum bildenden Künstler zum Restaurantchef zum Hochschullehrer zum Gründer eines Skulpturengarten in der Toskana) macht etwas verständlicher, dass er im Jahr 2005 dazu kam, auf die Suche (…) zu gehen (Barbara Räderscheidt). Er spürte diese Figuren tatsächlich in Mecklenburg- Vorpommern auf und gewann die Erkenntnis, dass die slawischen Götterabbildungen reine Fälschungen waren. Zwei junge Goldschmiedemeister fertigten sie im 18. Jh. als Zeugnisse der geheimnisvollen Stadt „Rhetra“, die bis heute nicht gefunden wurde. Dieser Versuch, etwas Primitives zu gestalten, um es als frühe Slawenkunst auszugeben, verlangte viel Phantasie und ist für Spoerri also auch keine klassische „Fälschung“. Witz und Aberwitz im Ausdruck dieser Gestalten erinnerten ihn auch an Arbeiten aus der Art Brut, die er seit den 50er Jahren kennt und bewundert.
Nach der Bearbeitung dieses Themas in seiner eigenen Kunst, erklärte sich Daniel Spoerri bereit, den Künstlerinnen und Künstlern der Kreativen Werkstatt ALLERHAND persönlich seine eigene Arbeit vorzustellen und initiierte und begleitete ein Projekt zu den „Prillwitzer Idolen“. „Mit großer Offenheit und Wertschätzung bereitete er ein Terrain, auf dem die Künstlerinnen der Werkstatt forschen, spielen und experimentieren konnten. Als Ideengeber regte er einen Prozess an, der sowohl technisch als auch inhaltlich ein neues Erfahrungsfeld öffnete.“ (Jutta Pöstges)
Anhand der historischen Stiche der Götterfiguren aus seinem Buch erzählte Daniel Spoerri die Entstehungsgeschichte der Bronzen. Er hob gestalterische Besonderheiten hervor, erklärte das Prinzip der Assemblage und wies hin auf Parallelen in seinem eigenen plastischen Werk und den Figuren aus dem 18. Jahrhundert. Zur besseren Veranschaulichung zeigte Spoerri den Künstlerinnen der Werkstatt kleinformatige Metallplastiken, die er in Anlehnung an die „Prillwitzer Idole“ geschaffen hatte. „Ich besuchte die Werkstätten einige Male und der Anstoß gelang! Mehrere dieser Art Brut Künstler ließen sich durch die „Götter“, wie sie jetzt genannt werden, inspirieren“ (Daniel Spoerri). Innerhalb weniger Monate entstanden eigenwillige Interpretationen der Vorlagen, kreative Umformungen des Gesehenen: zahlreiche Zeichnungen, Bilder und Skulpturen.
Die Kreative Werkstatt Allerhand
Die Kreative Werkstatt ALLERHAND gehört zu den Gemeinnützigen Werkstätten Köln (GWK). Hier arbeiten 21 Menschen mit vorwiegend geistiger Behinderung. Entsprechend der unterschiedlichen Fertigkeiten und Neigungen können sie in der Kreativen Werkstatt ALLERHAND einer rein künstlerischen Beschäftigung nachgehen oder in eher handwerklich ausgerichtete Produktionsprozesse eingebunden arbeiten. Nicht zum Zeitvertrieb, sondern als Beruf.
Film: „Daniel und die Schein-Heiligen“ ein Film ( 40 Min.) von Felix Breisach, der die Geschichte der „Prillwitze“ aus der Sicht Spoerris erzählt.
Ausstellungsbroschüre: 12,- €
Kooperation: Kreative Werkstatt ALLERHAND, Köln und der Galerie Levy, Hamburg
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